Prof Enders (Physik)

Prof Enders
Prof Enders

Zur Person

Wie verlief Ihr Lebensweg (Ausbildung, Wohnorte, …), bis Sie an der TU Darmstadt als Professor:in/Dozent:in berufen wurden?

Ich stamme aus Frankfurt und bin dort aufgewachsen. 1990 habe ich in Darmstadt mein Physikstudium begonnen und wurde im Januar 2000 hier auch promoviert. Danach war ich an der Michigan State University in den USA als Wissenschaftler tätig. Als dann Juniorprofessuren in Deutschland eingeführt wurden, richtete die TU Darmstadt eine solche Stelle für experimentelle Kernphysik ein, die ich Ende 2002 antrat. Seit 2008 habe ich eine unbefristete Professur am Fachbereich Physik.

Was war Ihr Lieblingsfach/Hassfach in der Schule?

Ich kam mit der Schule gut zurecht. Meine Leistungsfächer waren Physik und Musik, aber auch Latein und Religion machten mir viel Spaß. Mit Deutsch stand ich etwas auf Kriegsfuß, obwohl ich die deutsche Sprache sehr mag. Vieles hing da von den Lehrerinnen und Lehrern ab. Ich bin nicht sehr sportlich, habe aber unter dem Sportunterricht auch nicht sehr gelitten.

Was hat Ihnen in Ihrem eigenen Studium besonders gut und was nicht gefallen?

In meiner Studienzeit haben mich die theoretischen Vorlesungen am meisten fasziniert. Die Experimentalphysik begeistert mich vor allem, seitdem ich sie selbst bearbeite, das heißt seit meiner Diplomarbeit. Man hat hier ein vielfältiges Aufgabenspektrum vom Verständnis theoretischer Vorhersagen bis zum Einstellen von elektronischen Bauteilen. Ich realisiere jetzt, dass einige Lehrmethoden, die mir im Studium nicht gut gefallen haben, eigentlich von der Idee her gut und richtig sind…

Wie sind Sie dazu gekommen Professor:in/Dozent:in zu werden? Haben Sie Vorbilder oder Idole?

In meinem Fall haben Glück, Zufall und spontane Entscheidungen dazu beigetragen. Ohne harte Arbeit geht es natürlich nicht. Mit Idolen tue ich mir schwer.

Was gefällt Ihnen am besten in und an Darmstadt?

Wo man in Darmstadt auch ist: Man muss eigentlich nur zehn Minuten laufen, schon kommt ein kleiner Park, ein Grünstreifen, ein ruhiges Wohnviertel. Es gibt alle Annehmlichkeiten einer Großstadt und doch ist man schnell am Stadtrand im Wald oder auf der Wiese.
Bezogen auf die TU: Als Physiker fühle ich mich auf dem Campus Stadtmitte sehr wohl, alles ist nahe beieinander, die Stimmung an Fachbereich und TU ist gut. Für mich als Kernphysiker ist auch die Nähe zum GSI-Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung wichtig.

Zur Lehre

Wie lange sind Sie bereits an der TU Darmstadt als Professor:in/Dozent:in tätig?

Seit 2002 als Juniorprofessor, seit 2008 als Professor. Vorlesungen für Studierende mit Nebenfach Physik halte ich seit 2003.

Welches ist Ihr Fachgebiet?

Experimentelle Kernphysik: Wir fragen uns, wie man messen kann, warum und wie die Bestandteile von Atomkernen – Protonen und Neutronen – im Innern des Atoms zusammenhalten. Um geeignete Experimente durchführen zu können, entwickeln wir Komponenten für Detektoren und Teilchenbeschleuniger.

An welchen aktuellen und spannenden Themen forschen Sie derzeit?

Die Forschung in meiner Arbeitsgruppe hat zurzeit drei Standbeine: (1) In der Beschleunigerforschung entwickeln wir Quellen für Elektronenstrahlen, insbesondere für den Elektronenbeschleuniger der TU Darmstadt. Diese Arbeiten werden häufig in Kooperation mit Wissenschaflter*innen aus dem Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik durchgeführt. Die Arbeiten sind Teil eines Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das ich zurzeit leite. (2) Als eine Anwendung von Experimenten mit Elektronenstrahlen untersuchen wir Kernspaltungsprozesse. Man hat zwar Kernspaltung in Reaktoren über 50 Jahre lang großtechnisch angewendet, ein detailliertes Verständnis für den sehr komplizierten Spaltungsprozess fehlt aber nach wie vor. (3) Am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt-Wixhausen untersuchen wir Atomkerne, die es auf der Erde eigentlich gar nicht gibt. Die künstlich erzeugten Kerne existieren aber kurz bei Sternexplosionen oder Sternkollisionen und sind für die Entstehung der schweren Elemente wichtig.

Welchen Tipp würden Sie einem Erstsemester geben, der Ihre Veranstaltung besucht und worauf kann er sich am meisten freuen?

Seit einigen Jahren biete ich die Lehrveranstaltung als „flipped classroom“ an („umgedrehte Vorlesung“ bzw. „inverted classroom model“). Ich erwarte dabei, dass Sie sich die Themen, die wir besprechen werden, selbstständig jeweils vor der Vorlesung mit Videos und Texten aneignen. Die „Vorlesung“ soll dann ein Ort sein, wo wir Unklarheiten und Verständnisfragen diskutieren, Beispiele besprechen und das, was Sie aus den Materialien gelernt haben, im Experiment überprüfen. Alle Unterlagen sind online verfügbar und die „Vorlesung“ ist ein Angebot, das Sie durch Ihre Fragen selbst mitgestalten können. Warum mache ich das so? Einerseits kommen Sie mit z.T. erheblichen Unterschieden in Ihrem Vorwissen an die Uni (keine Physik in der Oberstufe bis anspruchsvoller Leistungskurs Physik). Studien zeigen, dass Formate wie der „flipped classroom“ helfen können, diese Unterschiede abzumildern. Andererseits wird Physik in Schule und Hochschule häufig als eine Sammlung von Formeln vermittelt, bei dem das Verständnis für die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten auf der Strecke bleibt. Man guckt in die Formelsammlung und findet z.B. s = ½ at² - aber wann gilt das überhaupt? So hoffe ich, dass Sie im eigenen Tempo und mit der Gelegenheit zum Nachfragen nachhaltiger lernen als wenn ich Ihnen nur vorlese, was in jedem Lehrbuch steht. Tipp: Trauen Sie sich, stellen oder schicken Sie Fragen, diskutieren Sie in der „Vorlesung“ und beteiligen Sie sich an Quizfragen. Worauf Sie sich freuen können: Videos, die Sie bei Unklarheiten anhalten und nochmal abspielen können, Demonstrationsexperimente, Quizfragen und Anwendungsbeispiele in der „Vorlesung“.

Welche weiterführenden Veranstaltungen bieten Sie an?

Veranstaltungen aus der Physik. Neben Kernphysik ist das u.a. ein Blockkurs zur Physik und Technik von Teilchenbeschleunigern. Dieser wird zusammen mit Professoren aus Ihrem Fachbereich jährlich angeboten. Die Physik und Technik von Beschleunigern ist nämlich ein multi-disziplinäres Feld, das auch für Elektrotechnik und Informationstechnik hoch interessant ist: Elektromagnetische Felder und Wellen nutzt man zur Teilchenbeschleunigung und dafür, dass die Teilchen überhaupt dahin kommen, wo man sie haben will.
Mit Kolleg*innen aus den Fachbereichen 18 und 11 der TU sowie aus Mainz und Frankfurt entwickle ich zurzeit einen neuen Master-Studiengang Accelerator Science.

Weitere Fragen

Welche Interessen und Hobbys haben Sie abseits von Ihrer Arbeit?

Neben Familie und Arbeit bleibt aktuell wenig Zeit für Hobbys. Wenn ich Zeit habe: Musik, Spaziergänge und der eine oder andere Film.

Kaffee, Tee, Cola oder Mate?

Früher nur Tee, inzwischen hauptsächlich Kaffee.

Mensa, Döner oder Wurstbrot?

Mittags Mensa, abends Brot, wenn’s zeitlich knapp ist Döner.

Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?

Wenn ich meine Familie mitnehme, ist die Insel vermutlich nicht mehr einsam, oder? – Also: Ein mobiles digitales Endgerät mit einer Sammlung aus Musik, Filmen und Büchern von Bibel bis Brecht. Einen Gästestuhl, falls mal jemand zu Besuch kommt.

Im Jahr 2030…

…soll die CO2-Emission in Deutschland um 55% gegenüber 1990 reduziert worden sein. Selbst das reicht nicht aus, um einen globalen Temperaturanstieg von ≤ 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter sicherzustellen. Die Klimakrise wird bereits das Leben Ihrer Generation beeinflussen. Um die Folgen abfedern zu können, braucht es gut ausgebildete und engagierte Menschen in Wissenschaft und Technik.

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